Ich hatte mir unter den verfügbaren Hotels von Monaco das zumindest wegen seiner Kurve berühmte Fairmont zur Übernachtung für den Geschäftsanlass rausgesucht. Zentral gelegen, vom Ort meines Einsatzes nur wenige Minuten entfernt. Aber diese Geschichte wäre langweilig im Gegensatz zu meinem abenteuerlichen Morgen.
Frühstück jetzt also vor dem Rückflug im 7. Stock des Fairmont. Ich gehe durch die Bar hindurch, wo die Champagner-Flaschen im Sektkübel freundlich grüssen. Und weiter die Fenster-Glasfront entlang zu einem der schönsten Frühstücksrestaurants, in dem ich je meinen Espresso schlürfen durfte.
Mein morgenmüder Blick fällt nicht nur aufs Mittelmeer. Nein, es bahnt sich ein Rendezvous mit dem Sonnenaufgang an. Schlagartig werde ich wach. Erst kündigt sich die Sonne gewaltig rot an, dann steigt sie langsam, leuchtend und majestätisch auf und begrüsst strahlend die monegassische Küste. Und zum Glück lacht sie natürlich nicht nur dieses winzige, begünstigte Teilstück der Côte d’Azur an. Guten Morgen, liebe Sonne! Welch Wunder eines jeden Tages, Du hast mir einen wunderschönen Moment des kleines Glück geschenkt. Während mein Gaumen gleich darauf eine weitere Freude erfährt, als da, das saftige Schinkenomelette seinen Weg von der Gabel hinter meine Lippen und auf die Zunge findet.
Mein Timing stimmt - eine Stunde später und somit reichlich vor dem Boarding verabschiede ich mich am Flughafen Nizza vom freundlichen Taxifahrer: So bleibt noch genug Zeit, um sich ... nur so noch kurz ... gemütlich im Duty Free umzuschauen. Jetzt nur schnell die Boarding-Karte auf dem Telefon parat halten und zum Security-Check. Wo ist mein Handy? Es muss in der Tasche sein, ich hatte es im Taxi. Ganz klar, es muss in der Tasche sein. Es kann ja sonst gar nirgends sein als in der Tasche. Ich hatte es ja grad noch. Keine Panik, wie immer wird es sich irgendwo im Gewühle der Tasche verstecken. Nein, es kann nicht sein, dass ich das Handy im Taxi liegen gelassen habe. Ausgeschlossen, es kann einfach nicht sein.
Mittlerweile fliegen alle Inhalte meiner Tasche auf dem Boden vor dem Relay-Laden in Terminal 1 herum. Ich selbst knie davor und muss langsam die verstörende Wahrheit sich Bahn brechen lassen: Handy im Taxi gelassen! Adrenalin-Schub! Wo ist das zweite Handy, das ich dabei habe, das Geschäftshandy? Ok, das ist parat, was ein Glück, dass ich das habe. Schnell die Taxi-Quittung suchen. Die erste, die ich finde, hat eine Nummer drauf. Der Typ merkt lange vor mir, dass das die Quittung von meiner Fahrt gestern nach Monaco war und hängt auf. Wo nur ist diese verdammte Quittung von heute Morgen? Der Berg vor mir auf dem Boden wächst stetig um diverse Papiere, die sich so in einem Portemonnaie ... in einer grossen Tasche befinden können. Da! Hier ist sie, die Quittung. Ich rufe die Zentrale an, habe die Taxi-Nummer auf dem Beleg. Zentrale ruft Fahrer 88 an, der ruft mich auf dem Geschäftshandy zurück - er hat mein Handy! Ausatmen. Puuuuh!
Allerdings ist Nummer 88 schon ein gutes Stück unterwegs wieder zurück nach Monaco. Er kehre jetzt zu mir um, ich solle ihn dort treffen, wo er mich am Flughafen rausgelassen habe, nur etwas weiter vorne bei der Barriere. Kein Problem, dort warte ich gerne. Ich mache Bekanntschaft mit den Sicherheitskräften im kleinen Häuschen neben der Barriere. Es ist kalt, ich setze die Kapuze des Mantels auf. Da endlich kommt mein Held - das Taxi begrüsst mich mit Lichthupe, ich werfe die Arme in die Höhe! Achtzig Euro war zwar mehr, als ich dachte, aber wie gerne zahlt man das, dafür dass das Leben in Form eines viereckigen, flachen Etwas wieder zurück ist - kein Drama, keine Depression, keine stumpfsinnige Trauer kurz vor Weihnachten.
Von diesem Glück beseelt, donnere ich in der nächsten Sekunde, und das volle Kanne, in etwas Hartes hinein. Beziehungsweise es donnert in mich rein. Die Kollision findet auf Stirnhöhe statt. Im Comic hätte ich Sternchen gesehen und wäre zusammengesackt. Im Moment in Nizza passiert das zum Glück nicht. Ich reibe die Stirn, denke an Arbeitsunfall, Gehirnerschütterung, und all das für Monaco. Der Sicherheitsmann, der gerade den Schlagbaum übernommen hat, entschuldigt sich. Naja, mir ist schon klar, dass er nix für meinen K.o. kann. Leicht belämmert trottele ich zurück in den Flughafen. Ich schaffe den Check-in ohne weitere Episoden. Auch ohne Schmerzen - eventuell hat die Kapuze grösseres Unheil verhindert, ausserdem hab ich wohl doch einen Dickkopf.
„Das Matterhorn zu Ihrer Rechten,“ erklärt der Kapitän. Ach, wie schön. Ich sehe die prächtige weisse Bergwelt über die zwei Sitznachbarn hinweg durchs Fenster - da unten gibt's ganz viele Matterhörner, möchte ich meinen ... aber wie gut, dass ich nicht am Fenster sitze.
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