Die Torte Immerschön


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Vorgaben von Patenkind Amelie und Mutter Inka:

Torte  (Amelie)
Dekolleté (Inka)
kramen (Inka)

 

 

Ich bin rund. Ich bin hoch. Ich bin wunderbar anzusehen und rieche so gut. Und wie lecker ich erst mal schmecke. Am liebsten will mich jeder anbeissen. Aber das lasse ich nicht zu. Mich dürfen nur Gabeln berühren. Ok, auch mal ein Löffel zur Not. Ach ja, ganz zu Beginn lasse ich mich vom Messer in hübsche Einzelteile zerlegen – das fühlt sich an wie streicheln. Aber sonst kommt keiner an mich ran. Höchstens vielleicht eine Kinderhand, die gar vorwitzig von mir naschen will. Kinderhände kitzeln so herrlich, ich mag es. Dürfen die Steppkes natürlich nicht wissen, sonst würden sie immer von mir schlecken, und sämtliche Erziehungsversuche der Eltern wären für die Katz. Ich bin die Torte Immerschön.

 

Ich bin die Torte Immerschön. Ich bleibe immer schön. Wie der Name sagt. Ich werde nie alt. Ich werde nie klein. Ich behalte immer meine ursprüngliche Grösse, Form und Farbe. Kaum hat jemand was von mir gegessen, bilde ich mich selbst wieder neu. Mit immer den gleichen magischen Zutaten, aus denen mich Amelies Mutter mit Baby-Amelies Hilfe damals gemixt hat. Niemand sonst auf dieser Welt kennt das Geheimnis. Nicht mal das heutige Schulmädel Amelie kann sich noch dran erinnern. Sie hat es vergessen. Denkt vielleicht, sie hätte es geträumt.

 

Und dabei ist es eine so schöne Geschichte von Baby-Amelie und ihrer Mutter, die eine Bernadette-Torte backen wollte. Baby-Amelie lag friedlich in eine Decke gehüllt auf dem Küchentisch, während ihre Mutter die Backzutaten zusammensuchte: Fünf goldene Eier von Hühnern, die diese Eier um Mitternacht vor der Haustür der Kölner Wohnung gelegt hatten – ganz vorsichtig in einen Schuhkarton, der mit goldener Watte ausgelegt war. Eine Milchflasche voll goldener Butter, die eine Eule frühmorgens auf den Balkon gestellt hatte. Zwei goldene Tennisbälle voller Zucker, die der Vater, sehr verwundert über diesen Fund, am letzten Dienstag in Bodenburg beim Kehren entdeckt hatte.

 

Nur etwas fehlte noch, und Amelies Mutter kramte und kramte danach in fast allen Schubladen der Küche. In der hintersten Ecke fand sie es: Den allerersten Schnuller von Baby-Amelie. Er war durch und durch abgelutscht, und doch sah man etwas golden blinken am Schnullerschaft. Es sah aus wie eine winzige, goldene Perle. Zufrieden beäugte die Mutter das Perlchen. Sie nahm es behutsam aus dem Schnullerschaft heraus, um es dem Kuchenteig beizufügen. Nicht allerdings ohne die kleine goldene Perle erst auf die Stirn von Baby-Amelie zu legen und das Perlchen dort in leichten Kreisen zu drehen. Anschliessend drückte sie die Perle ganz fest in die Mitte ihres Dekolletés, um ihr zur magischen Babyliebe auch die ewigwährende Mutterliebe zu schenken.

 

Und während Baby-Amelie lange schon glücklich eingeschlafen war, auf dem Küchentisch und neben der Kuchenteigschüssel liegend, verband die kleine goldene Perle von unsichtbarer Hand getrieben die Kuchenzutaten zu einem Zauberteig. Einem Teig, der aus der Kuchenschüssel heraus schwebte und sich sanft in die Backform setzte. Dort vor Freude ein kurzes, goldenes Feuerwerk zündete, bevor der magische Teig im Küchenherd zur Vollendung kam.

 

Nach genau 7 Minuten und 7 Sekunden ging der Herd automatisch auf. Die Backform drehte beim Herausfliegen eine Pirouette bis zur Küchenlampe und landete dann mit einem leisen „Jubilo“ auf dem Küchentisch neben Baby-Amelie.

 

 

Baby-Amelie lächelte im Schlaf. Es nahm das kleine Händchen zum Mund. Zog langsam den Schnuller heraus. Der Schnuller flog nun mit Baby-Amelies Hand gezielt auf den schönsten Kuchen, den die Welt je gesehen hat. Und der Schnuller bohrte sich hinein in die süsse Kuchenmasse. Doch nur ganz kurz, denn gleich ging es zurück zu Baby-Amelies Mund. Und während der wunderbar duftende, süsse Kuchenteig in Baby-Amelies Mund verschwand und ihm magische Fähigkeiten fürs Leben verlieh, während all dieser Zeit, sass Amelies Mutter neben dem Küchentisch und beobachtete die Magie mit grossem Glück. Nur sie wusste über die wundersamen Begabungen von Baby-Amelie. Und dass heute Nacht die schönste aller Torten gebacken worden war: die Torte Immerschön!