Die Macht des Verzauberers

(Juni 2008)

(Hörversion siehe unten zum Runterladen)

Alle zwei Jahre zieht es sich sachte zurück - das alltägliche Leben - um dem anderen Raum zu gewähren. Es naht: der Herrscher, der allmächtige König. Herbeigesehnt … verehrt … geliebt. Wohl auch gehasst. Präsent allüberall, marschiert er ein, das Zepter schwingend. Im Sommer erscheint er uns, und wir folgen ihm. Nur ihm! Dem mit magischer Kraft versehenen Herrscher.

 

Nichts wird bleiben, wie es ist. Jeder bekennt sich zu einer Nationalität, einem Volk. Wenigen gelingt es, sich seiner geheimnisvollen Macht zu entziehen, seiner Regentschaft zu erwehren. Die Gefolgschaft wird unaufhaltsam grösser. Dieser gewaltige Zauberer zieht Jung und Alt in seinen Bann. Arm und Reich. Mann und Weib.

 

Der machtvolle König vereint Völker und Nationen, wie es nichts und niemand sonst zu tun imstande ist. Heute lächelt er eine Nation wohlwollend an und macht sie zur glücklichsten im ganzen Reich. Morgen schon zeigt er sein launisches Antlitz einer anderen. Er schenkt Glückseligkeit. Freudentaumel. Rausch. Ekstase. Zusammengehörigkeit und Anerkennung sind weitere Gaben. Jedoch: Auch Wut, Verzweiflung, Entsetzen und tiefe Trauer begleiten ihn. Es wird keine Toten zu beklagen geben, wohl aber Wunden zu lecken. Wunden bei Menschen. Wunden manchmal gar bei einem ganzen Volk.

 

Allerdings wäre er kein König, so er keine Wunder vollbringen könnte. Hin und wieder lädt er sie ein, adelt eine Nation für viele Jahre. Und einen Spieler für die Ewigkeit. Wenn er denn möchte, vermag er direkt das Herz seiner Untertanen zu treffen: eine Sekunde, die alles veränden kann. Die Erschaffung eines Helden. Die Entstehung einer Legende.

 

Wer ist er nur, dieser mächtige Herrscher, dem wir uns bedingungslos hingeben, und von dem wir uns berühren lassen? Der uns segnet und verflucht. Der uns berauscht und ernüchtert? Der uns Tränen in die Augen treibt – Tränen des Glücks, Tränen des Leids.

 

Majestätisch und im glänzenden Schein schreitet er auf den Höhepunkt zu, um am Ende zu entscheiden, wer Sieger und wer Besiegter ist. Wer die Geschichte schreibt. Bevor er dann - das Zepter zur Seite legend – von einem Moment zum nächsten die Bühne verlässt, damit das Alltägliche wieder Einzug halten möge …

 

König Fussball.

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