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In den Markthallen von Barcelona

Plaza Real, Barcelona, am 16. Februar 2018 um 20:40 Uhr. Wir sitzen draussen, "la gente" und ich. Heizstrahler dicht bei uns, ihre lodernden Flammen sehen toll aus und spenden Wärme. Ein Mann mit Rastalocken singt "Don't know much about history". Begleitet sich auf der Gitarre. Da vorne ein junger Kerl im T-Shirt und kurzen Hosen, während seine Freundin Handschuhe trägt. Egal, wie das individuelle Wärmeempfinden ist, was für ein anderes Lebensgefühl ist das hier in Barcelona!

 

Meine spontane Barcelona-Buchung liegt etwa vier Wochen zurück. Verzweifelte Suche nach einem Highlight in der Winter-Depression. Der ersehnte Flug dann heute, Freitagmittag. Hotel in Eixample, relativ zentral gelegen. Und los geht´s, planlos stürze ich mich ins Getümmel der Ramblas. Sie sind eine tolle Einrichtung, diese Flaniermeilen inmitten der Stadt. Ich denke an das Attentat vom vergangenen Jahr. Chancenlos, wenn der schicksalhafte Moment kommt. Doch schnell bin ich abgelenkt von der mangogelben Eiskugel der Frau hier neben mir am italienischen Eisstand auf den Ramblas. Beginne ich mein Barcelona-Wochenende wirklich mit Mangoeis ...?

 

Und eigentlich ist das Eis Schuld: Mein Barcelona-Auftakt spielt sich zum Grossteil in den Markthallen, Boqueria, ab! Empfohlen zwar im Reiseführer, aber ich bin ja keine Köchin und dachte immer, ich sei nur begrenzt empfänglich für Markt-Verlockungen.

Vom wunderbaren Espresso-to-go für einen Euro vor der Markthalle führt mich mein Weg ins farbenfroh-genussvolle Innere. Ich stelle fest, dass man sich heute wahrhaft gesund ernähren kann: frische Smoothies jedweder Couleur strahlen einen an. Exotische Früchte sind verzehrfertig portioniert und mit Löffel parat. Doch bei mir kommt natürlich eine andere Attraktion zum Zug: Der Jamon Serrano lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Herrliche Schinken, herrliche Stände. Leider kein Schinkenstand mit Weinverkostung. Lange suche ich nach einem Stand, der mir zusagt.

 

Rechts von mir sitzen zwei Asiatinnen. Die Plätze links von mir werden von Asiaten besetzt. Der halbe Markt ist asiatisch. Wohl kein Zufall, dass gerade Chinese New Year und somit eine Haupt-Reisezeit ist. 

 

Ich beginne meinen Apero also mit Schinken. Glas Rotwein. Brot. Sehr ordentlich. Dann guck ich mich mal ein bisserl um: Die Frauen neben mir essen Scampi. Der Mann daneben eine gigantische Meeresfrüchte-Platte, vor mir ausgebreitet in der Vitrine: Langusten roh, gekocht, Muscheln, Tintenfisch. Eine Art Joaquim Phoenix zaubert am Herd - und zieht sich zwischendurch immer wieder einen Espresso rein. 

 

Vielleicht sollte ich doch mal was Meeresfrüchtiges essen? Yes, Krevetten mit Knoblauch. Wunderbar. Der Mann weiter rechts kapituliert vor seinen Meeresfrüchten und beliefert jetzt die Asiatinnen mit Langusten. Auch mir bieten sie eine an, aber ich bin jetzt wirklich satt. Da wird die Meeresfrüchteplatte noch übertroffen von derjenigen, die nun zu den Asiaten links von mir geht. Wir machen Fotos. Und es geht mir ein Licht auf: Asiaten kennen sich sichtlich aus mit all dem Meeresfrüchte-Getier. Ich versuche mir von links Tricks fürs Langusten-Essen abzugucken. Ach so, über mein ' Happy Chinese New Year' haben sie sich gefreut. Wir unterhalten uns nicht, sind aber eine freundlich-internationale Theken-Gemeinschaft hier. Ich fühle mich sehr wohl und bin fasziniert von dem Meeresfrüchte-Getier hier rund um mich.

 

Als ich weiterziehe, ist's richtig voll geworden in den Markthallen. Ich lande jetzt bei den Fischen und Meeresfrüchten. Gucke mir das tote Volk interessiert an. Und stelle dann fest, dass da noch ganz viel Leben ist. Die Riesen-Krebse bewegen ab und an eine Zange. Leichte Fühlerbewegungen bei den Langusten. Es wird mir unheimlich und unangenehm. Ich mache Fotos von ekliger Schönheit. Gleichzeitig will ich nicht wirklich über das Tierleid nachdenken. Dann doch lieber noch ein wenig Passionsfrucht naschen. Ich beende meinen Boqueria-Besuch mit einem weiteren Espresso-to-go und Potenzial zur Stammkundin. Bin erfüllt von Farben und Eindrücken.

 

Dunkel isses jetzt. Weiter unten an den Ramblas grüsst Columbus von der Säule. Ich will ins gotische Viertel und lande - purer Zufall - in einem Geheimtipp: el Bosc de les Fades. Märchenwald im Restaurant. Puppenstube. Orientalischer Raum mit Diwan-Schaukel. Genial! 

 

Und morgen geht’s in die Sagrada Familia. Um 13:30 Uhr. Ich habe tatsächlich vorab online von zuhause aus ein Ticket gekauft!

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Kommentare: 2
  • #1

    Don Esteban (Samstag, 17 Februar 2018 11:18)

    Toller Bericht habe sofort Sehnsucht nach dieser Stadt

    Genieß das Wochenende und noch viele schöne Erlebnisse und hoffentlich bis bald

  • #2

    Annie (Dienstag, 20 Februar 2018 19:40)

    Ich hoffe, Du konntest es trotz KartenSxhreck noch genießen