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Aida grüsst Spocky

Wer davon ausgeht, dass es in der Scala - wie auch im Zürcher Opernhaus - eine eingeblendete Übersetzung gibt ... wer deshalb extra nicht vorher liest, was in Aida passiert ... der, nun ja, der darf nicht jammern, wenn er Mühe hat, auch nur zu kapieren, welche der beiden Frauen Aida ist und worum es genau geht. So war der erste Akt also vor allem den Sängern und dem Orchester gewidmet. Am Dirigentenpult der weltberühmte Zubin Mehta. Erste Gänsehaut, als er hereinkommt und seinen Charakterkopf uns, dem Publikum zuwendet.

 

Wir, das sind drei ältere italienische Opernliebhaber oben im dritten Rang und in Loge 14. Sowie ein junges Mädchen, das zu Ihnen gehört. Und eben ich auf einer Art Barhocker im hinteren Teil der Loge - aber mit guter Sicht! Mit mir wahrscheinlich 1500 Besucher der Sonntagsvormittagsvorstellung.

 

Ab dem zweiten Akt bin ich im Besitz eines Programmhefts "very much in Italian, only the synopsis is in English". Na also, das reicht. Ich verstehe nun, was passiert ist und noch passieren wird. Die Oper gefällt. Ein tolles Bühnenbild mit viel Licht und Schatten. Die Aida kann, so denke ich, alle an die Wand singen - meiomei hat Kristin Lewis eine Stimme. Naja, und der allseits geliebte Feldherr, Ramses, der ist leider brutal dick, was mir mehr auffällt als sein Singen. Glaube, dass er bei diesem Leibesumfang alles drauf konzentrieren muss, sich wenig zu bewegen und halt nur zu singen. Wer das schauspielerische Tenorstalent eines Jonas Kaufmann kennt und schätzt, mag hier leicht enttäuscht werden. Aber gut, singen kann er.

 

Wie muss das für ein Orchester sein, von Zubin Mehta dirigiert zu werden? Noch was Besonderes oder schon Gewohnheit? Hat man in Mailand immer Star-Dirigenten? Der Mann wurde 1936 in Bombay geboren. Wird somit dieses Jahr bereits 79. Und steht immer noch am Dirigentenpult. In dem Job lässt man sich wohl nicht pensionieren. Man lebt für die Musik, wahrscheinlich im tiefsten Sinn des Wortes. Und irgendwann stirbt man, trotz der Musik. Hoffentlich geht es Herrn Mehta noch lange gut!

 

Der Vorhang geht hoch, und wir befinden uns in Theben. Eine Tribüne ist aufgebaut, auf der der König sitzt mit seiner Tochter. Aida ist auch dabei. Und da erklingt die Fanfare! Mensch, das kenn ich doch! Das ist aus Aida? Natürlich! Der Triumphmarsch. Mei, ist das schön. Gänsehaut nochmals und mehrmals. Welch grandiose Musik. Und immer wieder die Trompeten. Was für ein Glückssgefühl!

 

Ich ertappe mich dabei, wie ich mir die hohen Priester rund um Ramses und Aida  näher angucke und abschweife. Irgendwie erinnern die mich an etwas ... mit ihren weissen langen, weiten Mänteln. Eine Art Kettenkragen. Und auf dem Kopf kein Hut, keine Mütze. Eine Art Helm? Aber in solch komischer Form - oder soll ich sagen konischer Form? Ein wenig wie ein Fahrradhelm vielleicht? Am Hinterkopf auslaufend ... was ist das - die Klingonen! Sie sehen aus wie die Klingonen aus Star Trek. Und ich drifte kurz ab in die unendlichen Weiten von Raumschiff Enterprise. Sicherlich eine Hommage an den in dieser Woche gestorbenen Leonard Nemoy.

 

Es endet, wie's immer endet bei Opern. Mit mindestens einem Toten. Hier sind's heute zwei. Ramses wird bei lebendigem Leib eingemauert, weil er unfreiwillig sein Land verraten hat. Warum? Ja, genau, wegen Aida natürlich, die ihn auf Befehl ihres Vaters ausgetrickst hat. Spontane Entscheidung. Leider haben Zeugen zugehört. Und Aida bereut es ja auch zutiefst. Denn nu is Ramses im Verlies und muss sterben. Und was macht sie? Sie gelangt irgendwie zu ihm da runter, lässt sich mit ihm einmauern. Und stirbt in seinen Armen.

 


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